Haushaltsrede der Fraktion der Freien Wähler

In der Gemeinderatssitzung am 18.12.2018 wurden der Haushaltsplan (HHP) 2019, die Wirtschaftspläne der Eigenbetriebe 2019 sowie die Finanz- und Investitionsplanungen (FIP) 2018 – 2022 beraten und im Sinne der Fraktion der Freien Wähler vom Gemeinderat (GR) beschlossen.

Nachfolgend die Haushaltsrede der FW.

Meine sehr geehrten Damen und Herren,
ein Teil der großen Vorhaben wie z.B. die Umsetzung der Schulentwicklung mit den Baumaßnahmen läuft, aber bei den Herausforderungen Wohnen und Straßenverkehr sind wir kaum weiter gekommen.
Das Baugebiet „Korntaler Weg“ könnte zu einer Entlastung der Wohnraumnot beitragen; es kann aber nicht bebaut werden, da einzelne Eigentümer bei der Umlegung der Grundstücke bisher nicht mitmachen. Kurzfristige Alternativen fehlen.
Auch beim Straßenverkehr war kein Befreiungsschlag möglich, weder in der Kernstadt noch in Heim. Es hängt nicht an der Stadt, sondern an den Politikern und Ministerialen in Stuttgart, der aufgeblähten Bürokratie und den vielen Verwaltungsebenen wie in kaum einem anderen Land.

Trotz Rekordeinnahmen der öffentl. Haushalte, steht es um die Rahmenbedingungen der Kommunen zur Erfüllung ihrer Aufgaben schlecht. Die Parteien und Regierungskoalitionen der übergeordneten Politik sind mit sich selbst beschäftigt, ein seriöses Arbeiten ist selten zu erkennen. Kaum ein Bereich, der dadurch nicht vernachlässigt wurde. Lehrer, Polizisten, Richter, Pfleger oder Erzieher fehlen; die Infrastruktur ist heruntergewirtschaftet. Die Bahnreisenden spüren täglich die Defizite. Insbesondere die Verkehrsinfrastruktur ist stark sanierungsbedürftig. Selbst wenn jetzt angepackt wird, dem riesigen Bedarf kann nur in vielen „fetten“ Jahren abgeholfen werden.

Die hohen Zuschüsse von Land und Bund sind nur aufgrund der guten akt. Finanzsituation möglich und nicht von Dauer. Langfristig werden weiter Aufgaben und Kosten den Kreisen und Kommunen aufgebürdet.
Z.B. die Digitalisierung der Schulen. Die 5 Mia. Bundeszuschüsse sind für den Ausgleich des Rückstandes der Schulausstattung. Hard- und Software müssen aber alle 5 – 6 Jahre ersetzt werden.
Falls der Streit um die Zuschussbedingungen zu einer Vermischung der Kompetenzen für die Bildung führt – heute Ländersache –, wird die Bürokratie weiter ausufern.
Die digitale Ausstattung der Schulen ist wichtig, wichtiger aber ist, dass das Land die Unterrichtsausfälle reduziert.
Auch der Ausbau der Breitbandverkabelung funktioniert nicht ohne Zutun der Kommunen und Landkreise. Seit Jahren propagiert die große Politik die Breitbandverkabelung als eine der wichtigsten Zukunftsaufgaben – zu recht. Passiert ist wenig. Der Hauptakteur Telekom hat nur einen kleinen Fortschritt realisiert, der große Kraftakt, die flächendeckende Glasfaseranbindung bis in die Gebäude, steht noch an.
Die Politik und der Markt haben versagt. Mit der von Region, Landkreisen und Kommunen getragenen Gigabit-GmbH wird es hoffentlich vorangehen – zumindest in der Region. Dabei müsste sich der Bund als Hauptgesellschafter der Telekom bei dieser bundesweiten Aufgabe mit dem Projektpartner Telekom leichter tun.
Unsere Fraktion unterstützt alle Ausgaben für den Ausbau der Breitbandverkabelung. Die Kosten in vorauss. 7-stelliger Höhe sind allerdings noch nicht in der FIP eingepreist.

Das HH-Abschluss 18 ist besser als geplant, sodass nun doch keine Kredite nötig sind.

Im HHP 2019 tun uns die überraschenden zusätzl. Gewerbesteuereinnahmen richtig gut bei der Finanzierung der Investitionen.
Aus dem lfd. HH 2019 erwirtschaften wir hierfür stolze 13,8 Mio. Dennoch benötigen wir Kredite: 5,8 Mio. im nächsten Jahr, für die über 100 Mio. Brutto-Investitionen weitere 10 Mio. innerhalb der FIP.
Allerdings sind in der FIP die um 2 Mio. steigenden Abschreibungen noch nicht berücksichtigt. Die Eröffnungsbilanz im nächsten Frühjahr wird diesbzgl. Transparenz schaffen.
Wir bezweifeln, dass die Verwaltung die 2019 geplanten Projekte abarbeiten kann. Die Kapazitäten in unserer eigenen Verwaltung und bei den benötigten Fachbüros und Baufirmen sind am Anschlag. Die boomende Wirtschaft und die gute Finanzsituation der öffentl. Hand generieren eine Nachfrage, die tw. nicht, nur verzögert oder nur zu Apothekenpreisen befriedigt werden kann.
Verzögerungen bei den Investitionen bedeuten steigende Preise, möglicherweise höhere Zinsen für die Kredite.
Ein noch stärkerer Personalaufbau würde nur begrenzt helfen. Der Engpass liegt ja nur zum Teil bei den internen Kapazitäten. Davon abgesehen, ist Fachpersonal rar und – das Rathaus platzt aus allen Nähten.
Wir geben zu wenig für den Substanzerhalt unserer Infrastruktur aus. Das holt uns irgendwann ein. Wir bitten die Verwaltung, einen größeren lfd. Instandhaltungsaufwand zu untersuchen und zur Beratung zu bringen.
Die Fraktion der Freien Wähler trägt das vorberatene Planwerk mit: die Ausgaben, das geplante Personal sowie die Investitionen – im HHP, in den Wirtschaftsplänen der Eigenbetriebe und in der FIP.

Ich möchte auf einige Punkte eingehen.
Die Personalkosten sind stark gestiegen. Eine Gratwanderung. Wir benötigen ausreichend Personal, dessen lfd. Kosten schmälern aber unseren finanz. Spielraum, problematisch insbesondere in „mageren“ Jahren.
Wir tragen den Stellenzuwachs mit, sehen aber weitere Stellen kritisch.
Die Verwaltung ist gefordert. Die Arbeitsbedingungen müssen stimmen, damit Mitarbeiter gewonnen werden können und an Bord bleiben. Der hohe Krankenstand erfordert Anstrengungen beim Gesundheitsmanagement.
Bzgl. der Änderungen bei der Grundsteuer hoffen wir auf eine pragmatische Lösung, die keine Neubewertung der Grundstücke erfordert und keinen bürokratischen Moloch generiert. Durch die Änderung bedingte Erhöhungen lehnen wir Freien Wähler ebenso ab wie Erhöhungen bei den anderen Steuern.

Straßenverkehr
Siemensstr.: Das Nadelöhr von und nach Stuttgart bzw. von und zur BAB. Wir brauchen vom Land Grundstücke und Zuschüsse für den Ausbau dieser überregional bedeutsamen Straße. Nach unseren jahrelangen vergeblichen Anläufen scheint sich das Land endlich der Aufgabe zu stellen. Bei der großen Dynamik in den Amtsstuben der Ministerien wird viel Zeit vergehen, bis wir bauen können.
Wir drängen auf alle möglichen Maßnahmen zur Optimierung des Verkehrsflusses. Insbesondere muss endlich die „Grüne Welle“ zur Verringerung der Staus realisiert werden.
Umfahrung Heim.: Die Stadt tut, was sie kann. Mal sehen, wie ernst es das Land meint. Das nun doch geforderte Zielabweichungsverfahren der Region ist reine Bürokratie, das unnötige Kosten verursacht.
Marktstr.: In den Stoßzeiten kriecht Auto an Auto durch die Marktstr. Hier muss Verkehr raus, auch im Interesse der Fußgänger.
Wir hoffen auf eine zeitnahe Beratung des hierfür von unserer Fraktion geforderten Verkehrskonzepts

ÖPNV
Wir freuen uns über die stärkere Nutzung der Strohgäubahn und die weiter verbesserte Anbindung Heimerdingens durch den ¼-Std.-Takt für Fahrten nach Stuttgart, erreicht durch die Fahrplanabstimmung von Bus und Bahn.
Wir sind gespannt auf aktuelle Fahrgastzahlen.
Seit Jahren versucht der Gemeinderat eine Tarifzone für die Gesamtstadt einschl. Heim. zu erreichen. Mal sehen, was die Verhandlungen mit der Gemeinde Hemmingen bringen, die wir wg. der Strohgäubahn hierzu brauchen.
Die Durchbindung der Strohgäubahn nach Feuerbach darf als Ziel nicht aufgegeben werden.
Die Region investiert kräftig in den Ausbau des ÖPNV-Netzes. Erfreulich ist, dass eine Fahrt von Ditzingen nach Stuttgart oder zurück um eine „Zone billiger“ wird und ein Anschluss von Ditzingen an das SSB-Netz realistisch scheint.
Wir hoffen, dass der 2. Bauabschnitt am Bahnhof zügig läuft.
Die Nutzung des P&R-Decks muss gesteigert werden. Der Wegfall von Parkplätzen während der Bauarbeiten am Bahnhof und das Dieselfahrverbot zum P&R-Parkplatz in Weilimdorf werden zumindest temporär die Nachfrage erhöhen.
Die Busse zum Bahnhof Ditz. müssen unbedingt zuverlässiger den Anschluss an die S-Bahn gewähren. Oft sehen die Busfahrgäste den S-Bahnen beim Ausfahren hinterher. Wir zählen auf die Zusage der Verwaltung, frühzeitig im nächsten Jahr gesamthaft über den innerstädt. ÖPNV, insbesondere die Busverkehre, beraten zu können.

Wohnraum und Baugebiete
Wie bereits angesprochen stockt das Baugebiet Korntaler Weg, und andere können nicht kurzfristig umgesetzt werden. Wir werden unsere Vorgehensweise ändern müssen, um endlich die vorhandenen Vorratsflächen bebauen zu können.
Auf dem Parkplatz an der Höfinger Str. klappt hoffentlich der Bau öffentl. geförderter Wohnungen seit Jahrzehnten.
Erfreulicherweise sind mehrere innerörtl. Wohnbau-Projekte in der Umsetzung oder in der Planung. Der damit geschaffene Wohnraum hilft bei der Linderung der Wohnraumnot. Leider sind die Mieten hoch, und kaufen können primär Erben oder Familien mit hohem Einkommen.

Wir freuen uns über das große positive Echo bei den Ditzingern auf die von der FW-Fraktion initiierte Aktion „Bänkle sucht Plätzle“.
Das Projekt zur Förderung des ehrenamtl. Engagements in Schöck. „Fit für die Zukunft“ ist gut angelaufen. Falls es mit dazu beiträgt, dass der Schöck. Obst- und Gartenbauverein erhalten bleibt, wäre das bereits ein Erfolg.
Den vor einem Jahr bereits ausgesprochenen Wunsch, Aktivitäten zu entwickeln, um die Sensibilisierung und Motivation der Bürger für eine größere Sauberkeit in der Stadt zu fördern, möchte ich wiederholen. Die Verwaltung hat zugesagt, dieses Thema auf die Tagesordnung einer TU-Sitzung zu setzen.

Eigenbetriebe, Stadtwerke und SO.DI
Die in die Jahre gekommenen Wasser- und Abwassernetze werden in Verantwortung der Stadtwerke ebenso überwacht, instandgehalten und kontinuierlich erneuert wie das Gas- oder Stromnetz. Dies wird auch eine Reduktion des Wasserverlusts bewirken. Leider muss u.a. daher 2019 der Wasserzins um 12 Cent. erhöht werden.

Beim Eigenbetrieb für Wohnungswirtschaft müssen wir darauf achten, dass er sich weitgehend selbst trägt.
Das höhere Defizit der SO.DI tragen wir mit, werden doch u.a. damit Tagespflegeplätze geschaffen. Natürlich hoffen wir, dass das Defizit mittel- bis langfristig wieder gesenkt werden kann.
Ab 2020 ist der Verlustvortrag der Stadtwerke ausgeglichen und wir werden über Gewinnausschüttungen an den städt. HH beraten.

Abschließend möchte ich für meine Fraktion allen am Planwerk Beteiligten danken – insbesondere der Kämmerei. Weiter danken wir der Verwaltung für die vertrauensvolle Zusammenarbeit und allen städt. Mitarbeitern für die geleistete Arbeit.
Manfred Grossmann, Fraktionsvorsitzender