Stellungnahme der Fraktion zum Haushaltsplan 2022

In der Gemeinderatssitzung am 14.12.2021 wurden der Haushaltsplan (HHP) 2022, die Wirtschaftspläne der Eigenbetriebe 2022 sowie die Finanz- und Investitionsplanung (FIP) bis 2025 beraten und im Sinne der Fraktion der Freien Wähler beschlossen. Nachfolgend die Stellungnahme der FW-Fraktion.

Runde 21 Monate wird unser Leben von der Corona-Pandemie beherrscht mit großen negativen Auswirkungen in allen Bereichen.

Bei der Bekämpfung der Pandemie wurden gravierende Fehler gemacht mit denen sich auch eine große Zeitschrift auseinandersetzte. Die Titelblatt-Schlagzeile lautete: „Staatsversagen“!
Der Virus offenbart die Schwächen unseres Rechtsstaates. Aufgrund des starken Schutzes der Persönlichkeitsrechte wurden wirkungsvolle Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie lange kontrovers diskutiert und nicht oder zu spät beschlossen. Als Ergebnis der lange abgelehnten partiellen und allgemeinen Impfpflicht wurden unnötig Menschen krank oder starben. Ganz zu schweigen von dem vermeidbaren großen wirtschaftl. Schaden. Auch in unserem Rechtsstaat müssen Entscheidungen getroffen und durchgesetzt werden, die den Ansprüchen der Mehrheit der Menschen und deren Schutz dienen. Nicht nur im Umgang mit der Pandemie darf die Mehrheit von Minderheiten dominiert werden.

Gleichzeitig wird deutlich, dass lange versäumt wurde, Deutschland zukunftsgerecht aufzustellen. Statt Reformen gab es „Reförmchen“, überzogenen bürokratischen Aufwand oder Verschlimmbesserungen.

Das Ergebnis: große Defizite mit dringendem Handlungsbedarf. Hochaktuell: beim Katstrophenschutz und in der Pflege mit dem seit Jahrzehnten absehbaren Notstand.
Zudem wird häufig der Mangel verwaltet wie z.B. mit der Verlegung des Rettungshubschraubers von Leonberg nach Tübingen. Dort soll die Lage verbessert werden – vorauss. aber auf Kosten der medizinischen Versorgung in unserem Raum.
Defizite auch bei der Digitalisierung, dem Klima, dem Verkehr, der Rente, und, und, und – bis zur Bundeswehr. Dabei haben wir 16 stetig wachsende Länderparlamente und Regierungen, den größten Bundestag aller Zeiten sowie die neue Bundesregierung. Obwohl unterstützt von Heerscharen an Mitarbeitern und Beratern werden i.d.R. lediglich Ziele beschlossen. Konkrete Maßnahmen für deren Umsetzung werden nicht oder zu spät beschlossen oder sie sind unzureichend. Ob es mit der neuen Regierung besser wird? Die Hoffnung stirbt zuletzt.

Als Instanz mit größter Nähe zu den Menschen müssen die Kommunen aus dem Missmanagement das Beste machen. Z.B. aus den Corona-Verordnungen, die sie quasi „über Nacht“ umsetzen müssen mit großem Aufwand, viel Kreativität und riesigem Engagement der Mitarbeiter.

Oder beim Betrieb der Kitas. In Berlin wurde zwar der Anspruch auf einen Kita-Platz beschlossen, aber nichts für mehr Erzieherinnen und Erzieher getan. Die Gemeinden müssen nun trotz Mangel an Fachkräften den Betrieb der Kitas so gut wie möglich am Laufen halten. Leider bleibt z.T. nichts anderes übrig, als den Betrieb einzuschränken.

Der Ergebnis-HH 2021 wird lt. Hochrechnung insbesondere aufgrund der hohen Gewerbesteuer ein positives ordentliches Ergebnis von 1,7 Mio erwirtschaften, die in die Rücklagen eingestellt werden. Eine Kreditaufnahme ist unnötig.

Trotz weiterhin hoher Steuereinnahmen und trotz intensiver Anstrengungen in den FKS-Beratungen, um das ordentliche Ergebnis zu verbessern, wird der HHP 2022 ein Defizit von 2,1 Mio ausweisen. Die Aufwendungen übersteigen die Erträge, die Defizite müssen aus den Rücklagen gedeckt werden. Erst 2024 schaffen wir wieder eine schwarze Null.

Bei der HH-Klausurtagung im Juli sah die finanzielle Lage noch dramatisch schlechter aus, was unsere Fraktion veranlasste, neben anderen Konsolidierungsmaßnahmen einer Erhöhung der seit 11 Jahren unveränderten Grundsteuer zuzustimmen. Da sich inzwischen die Situation erheblich verbessert hat, lehnt die Fraktion derzeit mehrheitlich eine Erhöhung ab.
Die Grundsteuer belastet Jeden – ob Mieter oder Eigentümer. Eine Erhöhung käme zu den finanziellen Auswirkungen der Pandemie und dem aktuell hohen Kaufkraftverlust insbesondere aufgrund der explodierten Energiekosten hinzu. Dies wollen wir den Ditzingern 2022 nicht zumuten. Auch die Kita-Gebühren für 2020 und 2021 haben wir aus den gleichen Gründen gegenüber dem grundsätzlichen Ziel des Gemeinderats nur geringer erhöht.

Die Finanz-HHe 2022 und der FIP-Jahre bis 2025 umfassen ein immenses Investitionsprogramm. Selbst wenn man die Grundstücksan- und -verkäufe für die Baugebiete herausrechnet, bleiben enorme Kosten, die es zu stemmen gilt. Wir können zwar im Rahmen der FIP die Verschuldungsobergrenze von 35 Mio einhalten, jedoch sehen wir durchaus Risiken – durch Kostensteigerungen bei den geplanten Projekten, durch überraschend erforderliche zusätzliche Investitionen oder auch aufgrund zusätzlicher Personalkosten.
In den FKS-Beratungen wurden wir überraschend mit den Mehrkosten der Leistungsorientierten Bezahlung der städt. Angestellten konfrontiert, die vorauss. 2022 mit dem Personalrat vereinbart wird. Zudem muss unser größtes Projekt Konrad-Kocher-Schule über den FIP-Zeitraum hinaus ebenso finanziert werden wie die Verbreiterung der Siemensstr. und der mögliche Anschluss an das Stadtbahnnetz Stuttgart.
Wir halten die geplanten Investitionen für ein zukunftsgerechtes, bürgerfreundliches Ditzingen für erforderlich. Um wieder einen größeren finanziellen Spielraum zu gewinnen, gilt es allerdings Investitionen ggf. zu strecken oder zu schieben sowie Einsparungen und auch Einnahmenerhöhungen zu realisieren.

Die in der letztjährigen HH-Stellungnahme unserer Fraktion angemahnte Bereitstellung von Gewerbeflächen hat der GR aufgegriffen und die Verwaltung beauftragt, die Möglichkeiten zu prüfen und mögliche Flächen vorzuschlagen. Eine Ansiedlung weiterer Gewerbebetriebe würde eine höhere Gewerbesteuer generieren. Gleichzeitig könnte die Abhängigkeit von wenigen großen Zahlern reduziert und die Gewerbesteuer auf eine breitere Basis gestellt werden.

Bei den Eigenbetrieben sind u.E. ausreichend Mittel für den Werterhalt der Infrastruktur eingestellt. Allerdings finanzieren sich diese auch voll über die Gebühren wie z.B. durch die Abwassergebühr, die 2022 leider erhöht werden muss. Wir fragen uns, ob auch die eingestellten Mittel für den Substanzerhalt der im Kern-HH bewirtschafteten Infrastruktur ausreichen und bitten die Verwaltung um Prüfung.

Die von der Verwaltung angemeldeten zusätzlichen Personalstellen tragen wir mit, der Bedarf ist nachvollziehbar. Insbesondere unterstützen wir den weiteren Ausbau der Azubi-Plätze. Sobald Corona es zulässt, werden die geplanten Projekte im Gesundheitsmanagement es hoffentlich, ermöglichen, den hohen Krankheitsraten bei den städt. Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern entgegenzuwirken.

Für die Zukunft unserer Kinder stecken wir viel Geld in Schulen und Kinderbetreuung. Die Aufwendungen für die Kitas und die Kindertagespflege sind nach den Transferkosten der größte „Brocken“ im Ergebnis-HH mit einem Netto-Zuschussbedarf von 12,5 Mio. Auch die Investitionskosten für die Kita-Sanierungen und -Neubauten im Rahmen der FIP sind mit 17,5 Mio. immens. Allerdings halten wir es für geboten, dass die Sachkosten für die Verpflegung der Kinder durch die Gebühren gedeckt werden.

Die unendliche Geschichte des Baugebiets Ob dem Korntaler Weg hat hoffentlich in Kürze ein Ende. Dieses Baugebiet sowie die weiteren in den Teilorten sollen der großen Nachfrage nach Wohnbaugrundstücken und Wohnungen sowie dem Bedarf an bezahlbaren Wohnungen Rechnung tragen. Auch alle innerörtlichen Baumaßnahmen helfen hierbei. Nach vielen Jahren entstehen in Ditzingen wieder geförderte Wohnungen, zunächst in der Höfinger Str. und demnächst in der Mühlstr.

Die Maßnahmen zur Optimierung des Straßenverkehrs für alle Nutzer und zur Verringerung der Emissionsbelastung der Anlieger sind uns wichtig. Diesem Zweck dienen insbesondere die Südumfahrung Heimerdingen und der Lärmaktionsplan. Wenn doch „the Länd“ dem Sanierungsbedarf stärker Rechnung tragen würde! Fahren und genießen Sie die Landstr. nach Heimerdingen.
Neben dem fließenden Verkehr müssen wir uns den tw. schlimmen Parkiersituationen widmen. Die Verwaltung hat zugesagt, die kritischen städt. Quartiere zu untersuchen und Lösungsmöglichkeiten vorzuschlagen.

Wir begrüßen die Fortsetzung des Großprojekts Bahnhof, die Verbesserungen beim ÖPNV und den potentiellen Anschluss an die Stadtbahnlinie U13.
Das Regiorad-Verleihsystem zeigt bis heute keine überzeugende Kosten-Nutzen-Relation. Wir sind gespannt auf die Schlüsse aus der ersten Betriebsphase.

Die Wärmeplanung der Stadt wurde gestartet und die Planungen der Stadtwerke zu Nahwärmenetzen laufen auf Hochtouren. Mit Nahwärmenetzen kann ein großer Hebel zur CO2-Reduktion beim Heizen, von Gebäuden betätigt werden.
Erfreulicherweise tragen die Stadtwerke trotz dieser großen Aufgabe ab 2022 mit einer höheren Gewinnausschüttung zur Deckung des Ergebnis-HH bei.

Nach der Umwandlung neuerer Flüchtlingswohnungen in allgemeine Mietwohnungen, fordern wir die Verwaltung auf, Überlegungen anzustellen, wie die ältesten städt. Wohnungen auf einen zeitgemäßen Standard gebracht werden können.

Sauberkeit und Sicherheit in der Stadt sind uns wichtig, wir hoffen, dass die geplanten Projekte erkennbare Wirkung zeigen.

 

Die Fraktion der Freien Wähler stimmt dem Planwerk wir vorberaten zu.
Abschließend möchte ich namens meiner Fraktion allen am Planwerk Beteiligten danken – vorneweg der Kämmerei.
Wir danken der Verwaltung für das vertrauensvolle Miteinander und den städt. Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für ihre Arbeit und ihr Engagement.
Manfred Grossmann

 

Die Fraktion der Freien Wähler