Haushaltsrede der Gemeinderatsfraktion der Freien Wähler

Stellungnahme zum Haushaltsplan (HHP) sowie zu den
Wirtschaftsplänen der Eigenbetriebe 2023 und zur
Finanz- und Investitionsplanung (FIP) bis 2026

In der Gemeinderatssitzung am 13.12.2022 wurde o.g. Planwerk beraten und im Sinne der Fraktion der Freien Wähler beschlossen. Nachfolgend die Haushaltsrede.

Geldregen über Ditzingen

Landauf, landab regnet es zu wenig. Die Natur leidet und der Grundwasserspiegel ist zu niedrig. Über Ditzingen hingegen ergießt sich ein trockener, aber gleichfalls hilfreicher Regen – ein Geldregen.
Die Ergebnis-HHe der Jahre 2019 bis 2022 brachten gegenüber Plan deutlich gesteigerte Abschlüsse sowie hohe Zahlungs-mittelüberschüsse, mit denen Liquidität aufgebaut und Rücklagen gebildet werden konnten bzw. können.
Die Hochrechnung 2022 weist gar ein Spitzenergebnis von 19,3 Mio aus. 21,4 Mio mehr als geplant. Die Gewerbesteuer machts – mit einem Rekordergebnis von 62 Mio. Entgegen dem landesweiten Trend sind die Ditzinger Unternehmen erfolg-reich. Der Zahlungsmittelüberschuss im lfd. Jahr beträgt 29,3 Mio, die geplante Kreditaufnahme in Höhe von 26,5 Mio ist unnötig. Die Rücklage wird E 2022 vorauss. 43,5 Mio betragen.

Auch 2023 sind keine Kredite nötig, im Gegenteil, der Kern-HH 2023 kann Kredite an die Eigenbetriebe vergeben.

überbordende Bürokratie

Wie von allen Seiten reklamiert, bedingt die überbordende Bürokratie in Deutschland einen immensen Aufwand und führt zu unerträglichen Zeiträumen bei der Umsetzung von Maßnahmen. Trotz ständiger Versprechen der übergeordneten Politik, die Bürokratie zu verschlanken und Prozesse zu beschleunigen, wird es eher schlimmer. Die Parlamente sowie die Regierungen in Bund und Land leiden an Adipositas und nehmen dennoch weiter zu.

Projekte und Investitionen

Wenn die Bürokratie schon unser tägliches Leben und damit auch die Kommunalpolitik erschwert, ist es uns Kommunal-politikern ein besonderes Anliegen, dass wenigstens die auf der Basis der finanziellen und bürokratischen Rahmenbe-dingungen beschlossenen Projekte und Investitionen lt. Plan umgesetzt werden. Bei den HHP-Beratungen in der Vorweih-nachtszeit wird auch der HH-Vollzug der zurückliegenden Jahre betrachtet, und wir mussten feststellen, dass dieses Anliegen bzw. dieser Wunsch wieder unerfüllt bleibt. Wie mehrfach von unserer Fraktion reklamiert, kann 2022 wiederum ein erheb-licher Teil der geplanten Investitionen nicht umgesetzt werden. Auch das im HHP 2023 geplante Investitionsvolumen von
32,6 Mio werden wir u.E. nicht umsetzen können. Das durch die Verzüge eingesparte Geld ist nicht verloren, es wandert in den Sparstrumpf. Allerdings wird dadurch die finanziell mögliche, zukunftsgerechte Weiterentwicklung der Stadt zum bürgerfreundlichen Dienstleister und attraktiven Wohnort verzögert.

Ein Grund für die Verzüge bei der Umsetzung der geplanten Projekte und Investitionen ist die hohe Auslastung der benötigten externen Fachbüros und Firmen bzw. Handwerksbetriebe sowie die z.T. langen Lieferzeiten benötigter Zulieferteile.
Der bedeutsamere Grund ist der Fachkräftemangel in der Verwaltung. Da neben den Optimierungsprojekten und Investitionen auch die zunehmenden Verwaltungsaufgaben zu bewältigen sind, kommen wir nicht umhin, die Leistungsfähigkeit der Verwaltung zu erhöhen. Wir tragen die zusätzlichen Stellen und die erforderliche Infrastruktur wie Büroräume und
-ausstattung mit und hoffen, dass die Stellen rasch besetzt werden können. Letzteres ist bei dem angespannten Arbeitsmarkt insbesondere bei den Technikerstellen und Erzieherinnen keine leichte Aufgabe.

Durch die Aufrüstung der Verwaltung steigen die Fixkosten. Aktuell können wir das bezahlen. Um auch für magere Jahre vorzusorgen, gilt es realistische HHe aufzustellen, die Folgekosten möglichst gering zu halten und gleichzeitig eine ausreichende Rücklage zu erhalten bzw. aufzubauen.

Als Sprecher einer parteifreien Gemeinderatsfraktion erlaube ich mir, weitere Kritikpunkte an der übergeordneten Politik anzusprechen.

Wer anschafft, zahlt auch, gilt schon lange nicht mehr. Den Kommunen werden zusätzliche Aufgaben aufgebürdet, diese aber finanziell nicht oder nur unzureichend ausgeglichen, sodass Mehrausgaben an den Kommunen hängenbleiben. Dies sind z.B. die Flüchtlingsunterbringung, die Kinder- und Jugendbetreuung in Kitas und Schulen oder die Digitalisierung in den Schulen, über deren Kostenteilung derzeit Land und Kommunen heftig streiten. Allein die neue Wohngeldförderung bedingt aufgrund des Mehraufwands für die Ditz. Verwaltung 3 zusätzliche Stellen.

Nach der Reaktion des Staates auf die Coronapandemie offenbart auch die Reaktion auf den Ukrainekrieg und die Energie-krise die Vernachlässigung der Zukunftsvorsorge durch den Staat. Binnen kürzester Zeit müssen die ausgefallenen Gaslieferungen aus Russland aufgefangen werden, damit nicht Heizungen streiken und Fabriken stillstehen. Zudem müssen Maßnahmen gegen die hohe Inflation und zur Unterstützung der finanziell in Not geratenen Bevölkerungsschichten ergriffen werden. Auch die früher als überflüssig betrachtete und totgesparte Bundeswehr soll möglichst kurzfristig mit 100 Milliarden aufgerüstet werden. Leider wird bei solchen Hauruck-Aktionen viel Geld verdummt. Gleichzeitig verdienen sich viele eine goldene Nase – legal oder durch Betrug. Denken Sie nur an die Beratergeschäfte und die überhöhten Preise bei der Corona-Maskenbeschaffung.

Die Fraktion der Freien Wähler stimmt dem fortgeschriebenen Planwerk zu. Die Entscheidungen des Gemeinderats (GR) werden mit interfraktionellen Mehrheiten beschlossen. Als starke kommunalpolitische Kraft unterstützen wir Freien Wähler realistische Anträge, die gut für Ditzingen und deren Einwohner sind – unabhängig davon, wer sie initiiert. Somit wurden nahezu alle im HHP 2023 und in der FIP abgebildeten Entscheidungen mit unserer Zustimmung getroffen.

Einzelthemen

Lassen Sie mich folgende Maßnahmen ansprechen.

Nachdem Land und Bund die Digitalisierung nur propagieren, aber wenig erreicht haben, müssen es die Kommunen richten. Wir begrüßen die geplanten Maßnahmen zur Digitalisierung – in der Verwaltung, den Schulen und beim weiteren Breitbandausbau.

Die großen Projekte wie die zentrale Grundschule Ditz., die Neubauten im Schulzentrum, die Sanierung sowie der Neubau von Kitas und die urbane Neugestaltung des Bahnhofsgeländes Ditz. laufen oder sind eingeplant. Hinzu kommt 2023 neu die notwendige Rathaussanierung.

Die Baugebiete sollen die Wohnungsnot lindern und geförderten Wohnungsbau bereitstellen. Leider dauert dies viel zu lang.
Die Forderung unserer Fraktion nach der Bereitstellung von weiteren Gewerbeflächen hat der GR aufgegriffen. Sie kann hoffentlich durch das geplante interkommunale Gewerbegebiet in Schwieberdingen mit der Beteiligung Ditzingens erfüllt werden.

Es ist richtig, dass die Stadt Grundstückskäufe tätigt, mit denen wir Quartiere sanieren, den Städtebau durch eine Neu-bebauung verbessern und eine effektivere, zukunftsgerechte Nutzung der Quartiere verwirklichen können: der Neubau geförderter Wohnungen in der Mühlstr., die Planungen gemeinsam mit der Fa. Atrio in der Leonberger Str., für Verwal-tungsräume in der Mittleren Straße, im Areal Wilhelmschule oder auch in Heimerdingen. Nach der Sanierung gilt es, zu-mindest teilweise wieder Immobilien zu reprivatisieren. Wir hoffen, dass die Bebauung des Fuchs-Areals mit einer guten Lösung realisiert werden kann, insbesondere da in diesem Quartier die von den Vereinen benötigten Räume bereitgestellt werden sollen.
Gleichzeitig helfen uns die gekauften Immobilien, Flüchtlinge unterzubringen, womit uns Land und Bund bis zur Schmerz-grenze belasten. Nach dem Merkel-Motto „wir schaffen das“ hat man sich bei dem jüngsten Flüchtlingsgipfel mit dem Land und den Kommunen zwar zur gemeinsamen Bewältigung der Krise verschworen. Konkrete Maßnahmen wurden aber nicht beschlossen.

Neben den kontinuierlichen Anstrengungen zur Optimierung des fließenden Verkehrs haben wir Lösungen für die tw. schlimmen Parkiersituationen gefordert. Wir sind gespannt auf die von der Verwaltung zugesagten Vorschläge für ein Verkehrskonzept in der Kernstadt und zur Parkraumbewirtschaftung.
Wir wollen die Realisierung der Südumfahrung Heimerdingen und die Sanierung der Landstraße nach Heimerdingen lieber heute bzw. schon gestern als morgen. Die Stadt ist im Zeitplan, das Land ist im Verzug. Mit dem Ziel, den Heimer-dinger Ortskern weiter vom Schwer-lastverkehr zu entlasten, haben wir eine Untersuchung zur Verbindung der Gewerbegebiete nördlich und südlich der Hemminger Str. initiiert.

Der Ausbau der Photovoltaik durch Stadt und Stadtwerke und die geplanten Nahwärmenetze werden zur Reduktion des CO2-Austoßes beitragen. Leider ist auch das nicht von heute auf morgen möglich.
Das größte Einsparpotential von Heizenergie besteht bei Bestandsgebäuden – auch bei städtischen. Hier müssen Bund und Land Programme erarbeiten, damit es diesbzgl. rascher vorangeht.

Die von meiner Fraktion initiierten und vom GR beschlossenen Maßnahmen für das Projekt Sicheres und Sauberes Ditzingen harren großteils ihrer Umsetzung. 2022 wurde zwar der Reinigungsaufwand erhöht, die im Fokus liegenden präventiven Maßnahmen, um die Stadt sauber zu halten, konnten leider noch nicht umgesetzt werden.

Wir drängen auf das von uns erbetene und von der Verwaltung zugesagte Sanierungskonzept für die ältesten städt. Wohnungen in der Bauernstr.

In den FKS-Beratungen haben wir eine Spende an das Hospiz Leonberg für die Erweiterung dieser segensreichen Einrichtung beantragt. Im neuen Jahr sollen Vertreter des Hospizes das Projekt im GR vorstellen und dieser dann über die Spendenhöhe entscheiden.

Neben neuen Investitionen gilt es, die bestehende Infrastruktur zu erhalten. Im HHP 2023 sind 1,8 Mio für den Unterhalt und Erhalt der städt. Gebäude eingeplant. Meine Fraktion fordert die Verwaltung auf, sicherzustellen, dass die Infrastruktur ausreichend unterhalten wird und kein Substanzverzehr erfolgt. Schließlich sind für den Erhalt 490 T€ an zusätzlichem Bedarf ausgewiesen, dem die Verwaltung aber aus Kapazitätsgründen nicht abhelfen kann.

Auch die Infrastruktur unserer Eigenbetriebe gilt es zu erhalten ohne Substanzverlust. Da sich die Eigenbetriebe selbst finanzieren, die Kosten aber gestiegen sind, muss der Wasserpreis erhöht werden. Hoffentlich auch ein Ansporn, um mit der Ressource Wasser sparsam umzugehen.

Wir sind zuversichtlich, dass auch die begonnenen und neuen, über die FIP hinaus reichenden Projekte wie die zentrale Grundschule Ditz., der Ausbau der Siemensstr., das Areal Wilhelmschule und der Anschluss an das Stadtbahnnetz Stuttgart unter Einhaltung der beschlossenen Verschuldungsobergrenze realisiert werden können.

Wir begrüßen ausdrücklich die Maßnahmen der Verwaltung, um bei wachsendem Fachkräftemangel die benötigten Kräfte zu gewinnen. Dies sind insbesondere die zusätzlichen Ausbildungsangebote, die starke Erhöhung der Zahl an Ausbildungs-plätzen sowie die Werkstudentenstellen und Praktikumsplätze.

Namens meiner Fraktion danke ich allen am Planwerk Beteiligten – insbesondere der Kämmerei. Wir danken der Verwaltung für das vertrauensvolle Miteinander und den städt. Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie allen ehrenamtlich Tätigen für ihre
Arbeit und ihr Engagement.
Manfred Grossmann